Schönlinge zum Mitnehmen
Die Kurve lebt - Part 2
Text Imke Wein | Fotos Maike Hüls-Graening
Sich dem Kreativen und Individuellen zu verschreiben, dafür stand das kleine beschauliche Braderup schon in den 70er Jahren. Keitum und Morsum können ebenfalls auf eine solche Tradition verweisen. Aber Braderup noch eindeutiger. Der kleine Ortsteil am Watt ist frei von Label-Boutiquen, dafür ist mehr Platz für alternative Lebensformen, für Ursprüngliches, Ganzheitliches, Künstlerisches und Kreatives. Braderup beschert mit seiner Natur und seiner kleinen, feinen touristischen Infrastruktur den Luxus der anderen Art, den Luxus der leisen Töne. Einen, der auch die Seele erreicht.
In der Braderuper Kurve, in der großen Reetdach-Stall Scheune neben dem „Weißen Kliff“ ist dieser Spirit seit den 70er Jahren zuhause. Und hat jetzt mit zwei Adressen eine neue Dynamik gewonnen…
Es gibt Entdeckungen, die sind so besonders, dass es einem die Sprache verschlägt. Die Galerie Sewing-Delius in der Braderuper Scheunen-Kurve ist so ein Ort. Wie auch immer man zu kunstvoll „upgecycelten“ dänischen Design-Lampen, zu herrlich restaurierten 60er- bis 80er- Jahre-Möbelklassikern und XXL-Licht- und Farbskulpturen steht – der Besuch auf den beiden Galerie-Etagen wird – unabhängig vom persönlichen Geschmack – ähnlich nachhaltig in Erinnerung bleiben wie ein Sonnenaufgang am Wattenmeer.
Zunächst freut man sich unmittelbar beim Betreten der Galerie, dass Sylt, speziell Wenningstedt-Braderup, wieder so erstaunliche Geschäfte vorzuweisen hat. Fernab von Kategorien wie „konventionell“ oder „edel-aber-langweilig“. Als nächstes sind die allermeisten Besucher schwer begeistert von diesem Farbrausch, der einen empfängt und wie mit unsichtbarer Hand die Treppe hoch, von einem Raum in den nächsten trägt. Unberührt lässt das ganze Farb- und Lichtspektakel jedenfalls keinen. Ganz schnell kann es dann auch passieren, dass man sich schockverliebt in eines der ausgestellten Möbel, Lampen oder Kunstwerke – und es sofort mitnimmt. Und so soll es ja auch sein. Denn dieser Erlebnisraum aus Farbe und Licht ist am Ende kein Museum, sondern ein Ladengeschäft.
„Ich liebe es, schöne Dinge zu veredeln und den richtigen Ort für sie zu finden“
Barbara Sewing-Delius, Inhaberin
Mit all seiner Begeisterung und seinen Fragen kann man sich jedenfalls vertrauensvoll an die Menschen wenden, die diese Galerie mit Leben füllen. Jens Holste, ein Mann, der viel weiß über die Ästhetik und Herkunft der Dinge im Raum, außerdem ist er auch noch ganz schön originell. Aber im Gesamtzusammenhang dieses Business-Projekts möchte er lieber als „Hausmeister“ betitelt werden. Kein Problem. Und dann ist da Barbara, die der Galerie ihren Nachnamen schenkt, die in einem früheren Leben mal Bankkauffrau lernte, Kunst und BWL studierte, dann Diamantenexpertin wurde, sich für Feng-Shui begeisterte und für das Lampenschirmbauen – und beide Bereiche eingehend erlernte. Auf Sylt und ihrem Ursprungs- Stützpunkt Osnabrück (und inzwischen überall in Deutschland und der Welt) begeistert Barbara Kunden mit ihren Feng- Shui basierten Beratungen, mit ihren Wohnkonzepten und ihrem Interieur-Design.
Auf Sylt ist die Mutter von vier Kindern schon lange privat und beruflich verwurzelt. Geschäftlich stieg sie zunächst bei ihrer dänischen Freundin, Antiquitätenfachfrau Ulla Rasmussen, in der Braderuper Scheune mit ein. Die beiden bargen zusammen – als eines ihrer vielen Vorhaben – in Dänemark in einer Lagerhalle den Schatz der dänischen Lampenfirma „Lyfa“. Sie kauften einen großen Bestand des Fundus auf. Heute gehören die herrlichen Leuchten in Braderup mit
zum Sortiment. Anfang 2019 übernahm Barbara das Braderuper Geschäft komplett und bezog die zweite Etage der Scheune in ihrem Sinne mit in das Konzept ein. „Ich liebe es, schöne Dinge zu veredeln und den richtigen Ort für sie zu finden“, so beschreibt Barbara Sewing-Delius ihr ganz besonderes Können.
Wie aus schönen Einzelteilen unter Einwirkung von Licht und Farbe ein neues Kunstwerk geschaffen wird – dafür bietet die Kurve in Braderup reichlich Anschauungsmaterial. Und wie herrlich ein Cocktailsessel mit knallgrünem Bezug in einem Haus mit Reetdach aussehen kann, davon zeugt diese Adresse ganz nebenbei eben auch.
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Dieser Artikel erschien ursprünglich in unserem Magazin
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